Samstag, 11. Oktober 2014

Kurban Bayramı

Ich würde euch ja an dieser Stelle "İyi Bayramlar!" wünschen, aber da Bayram schon eine Woche her ist, passt das nicht so ganz. Vielleicht interessiert es ja doch den ein oder anderen, wie mein erstes traditionelles Fest hier so abgelaufen ist.
Erstmal für alle, die so gar keinen Plan haben, wovon ich eigentlich rede: Bayram ist die türkische Bezeichnung für alle Feiertage allgemein. Da gibt es zum Beispiel den Fastenmonat Ramazan, auf den das Fest des Fastenbrechens "Ramazan Bayramı" (auch Zuckerfest genannt) folgt. Siebzig Tage später wird dann "Kurban Bayramı" gefeiert, das als höchstes islamisches Fest gilt. Mit diesem Fest wollen die Muslime an eine Stelle im Koran erinnern, die fast genauso auch in der Bibel vorkommt. Abrahams Glaube wird von Gott auf die Probe gestellt, indem dieser ihn auffordert, seinen Sohn Ismael zu opfern.Anstatt seines Sohnes opferte Abraham dann allerdings einen Widder. Eine feste Tradition ist es daher, an diesem Fest ebenfalls ein Opfertier zu schlachten, meistens Schafe, Ziegen oder Kühe.

Da das Fest vier Tage dauert, hatten wir von Freitag bis Dienstag schulfrei. Freitagabend habe ich einen kleinen Schock bekommen, als ich in unseren Garten schaute und dort zwei Ziegen standen, die am nächsten Tag geschlachtet werden sollten. Mir war ja klar, was Bayram ist, aber ich hätte nie damit gerechnet, dass meine Familie selber Tiere schlachtet! 
Am nächsten Morgen, dem ersten Tag des Festes, haben meine Schwester und ich das Frühstück vorbereitet, während der Rest meiner Familie schon draußen im Garten beschäftigt war. Nachdem wir gegessen hatten, ging es dann ans Schlachten. Ich wurde rücksichtsvoll von meiner Schwester auf mein Zimmer geschickt, wofür ich ihr wirklich sehr dankbar war.
Meine Eltern und meine anne anne haben den Tag dann damit verbracht, die Tiere zu zerlegen und zu verarbeiten. Ich bin ja Vegetarierin und habe deswegen Reis mit Gemüse zu essen bekommen, während es für alle anderen Kebap gab.

An Bayram ist es auch Tradition, Verwandte und Familienmitglieder zu besuchen. Dort trinkt man dann Çay und isst Süßigkeiten. Älteren Leuten wünscht man nicht nur "Iyi Bayramlar", sondern küsst auch noch ihre Hand und führt diese dann kurz zur Stirn. Daraufhin bekommt man dann manchmal sogar Geld geschenkt.

Viele Bilder habe ich nicht, nur ein Foto von meiner Anne, wie sie in der Küche sitzt und das Fleisch kleinschneidet/-hackt. Ich habs extra klein gemacht, wer sich das ansehen möchte, kann ja draufklicken.

Hoşça kalın und bis bald! 



Sonntag, 5. Oktober 2014

Home is where your heart is♥

Ich bin jetzt genau einen Monat hier. 30 Tage sind vorbeigegangen, ohne dass ich es wirklich bemerkt habe. Und auch wenn ich natürlich schon mal Heimweh hatte, bin ich unglaublich froh, hier zu sein. 

Es sind die kleinen Momente, die das Leben hier so schön machen. Wenn ich mit meiner Gastschwester so dolle lachen muss, dass uns Tränen in die Augen treten; wenn meine Anne mich immer wieder umarmt und mir Küsschen auf die Wange drückt; wenn Ipek und ich laut loskreischen, weil in unserem Wohnzimmer ein riesen Salamander an der Decke ist; wenn meine Klassenkameraden uns als Freunde bezeichnen; wenn meine Anne anne (Oma) einen Arm um mich legt und "benim kızım" (=mein Kind) zu mir sagt; wenn ich abends mit Ipek kitschige Fernsehsendungen schaue und wir uns beide wie verrückt freuen, wenn sich die Richtigen finden; wenn ich von Mädchen aus meiner Klasse als "çok tatlı" (=sehr niedlich) bezeichnet werde; wenn meine Anne sagt, dass ich jetzt genauso ihre Tochter bin wie Ipek; wenn alle klatschen, nur weil ich was auf Türkisch gesagt habe; wenn ich Arm in Arm mit meinen Freundeninnen über den Schulhof laufe und so weiter. 

Mein Auslandsjahr ist einerseits wunderbar und eine der besten Sachen, die mir passiert sind und andererseits doch nichts Besonderes. Ich habe hier meinen Alltag gefunden, der nicht immer spannend ist. Ich sitze auch mal gelangweilt zu Hause und schaue Serien auf meinem Laptop. Aber genau das ist das Tolle. Zu Hause. Ich habe das Gefühl, dass ich hier einfach hingehöre. Das ist meine Familie, mein zuhause, mein neues Leben. Ich bin angekommen. Und unglaublich glücklich. 

Hier gibt's nochmal ein paar Bilder aus der letzten Zeit. Viele sind es nicht, da ich in den letzten Posts ja schon immer tausend Selfies hochgeladen habe und sowieso immer ganz viel auf Whatsapp rumschicke. Naja, und manche Bilder . . . die sind so peinlich, dass ich sie lieber für mich behalte.


 Hier wohne ich jetzt. Nix Großstadt.

Wir haben sogar Hühner. Und einen kleinen knuffigen Hund.

Das ist sie, meine Anne. Niedlich, oder?



 Das war auf einer der Familienfeiern. Warum genau die beiden so angezogen sind, weiß ich nicht, das ist irgendso eine Hochzeitstradition. Ich fand das aber so süß, dass ich unbedingt ein Foto mit ihnen haben wollte :D

Mit Freunden meiner Gastschwester in einem Café.



Letztes Wochenende war ich mit zwei Freunden in einem Shoppingcenter zum Bowlen. Ich hab sogar gewonnen, obwohl ich das eigentlich so gar nicht kann :D


 Selbst dreimal buchstabieren hat nicht geholfen. Naja, bin ich jetzt halt die Stiffi. Meine anne nennt mich Stef und eine Oma hat neulich beschlossen, mich einfach Elif zu nennen, weil sie meinen Namen nicht aussprechen kann.




Das ist die Sabanci-Moschee, die Größte der Türkei.


Nachdem es neulich mal ziemlich dolle gewittert hat, war der Strom auf einmal weg. Das gehört jetzt nicht unbedingt zu meinen Lieblingserlebnissen, war aber irgendwie doch ganz witzig.


 Das ist eins der weniger schönen Fotos. Gehört aber auch zu einem schönen Moment. Neulich hat für ein paar Tage eine Freundin (die ganz rechts) meiner Schwester hier gewohnt und an einem Abend saßen wir bei mir im Zimmer, haben Weintrauben gegessen, Selfies gemacht, über alles möglich und Jungs geredet und vor allem viel gelacht.

Vor ein paar Tagen haben waren Ipek, eine Freundin von ihr und ich bei einem Konzert, dass auf dem Uni-Campus stattfand. Wir hatten aber leider keine Tickets, also saßen wir halt auf dem Rasen und haben uns das ganze so angeschaut.

Zu diesem Bild gehört auch einer dieser kleinen Momente. Vorgestern hatte meine Schwester in Deutschland Geburtstag. Als ich meiner Anne davon erzählt habe, bestand sie darauf, dass ich einen Kuchen backe. Dekoriert habe ich den Kuchen übrigens auf ihre Anweisung so, meine Idee war der Schriftzug aus Granatapfelkernen und das Gesicht nicht :D Abends haben meine Familie hier und ich dann mit Hannah geskypet und sie musste die Kerzen "auspusten". Obwohl hier fast niemand Deutsch kann, haben alle ganz lieb gratuliert und meine kleine Schwester hat gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd :-)

Da ist das Viech. Wir haben uns so erschrocken. Und bevor mein baba es wegmachn konnte, ist es schon in irgendeiner Ecke verschwunden. Vielleicht hätten wir nicht so loskreischen sollen . . 


Neulich waren wir mit der ganzen Familie Kebap essen. Eigentlich bin ich ja Vegetarierin aber ich kann diese Stadt ja nicht mein zuhause nennen, ohne je Adana Kebap probiert zu haben. Foto kommt noch, dazu gibt's irgendwann mal einen Extra-Post.

Abends sitze ich oft mit meiner Anne und meiner Anne anne in der Küche und helfe beim Kochen. Hier waren auch Ipek und ihr Cousin dabei.



Selfie-Time! Mit Ipek und meinem Baba :-)



 Hier nochmal ein Familien-Foto.

Die beiden Jungs sind Cousins von Ipek. Ich bin hier manchmal mit den ganzen Familienmitgliedern überfordert (in Deutschland habe ich nur einen einzigen Cousin) und Namen kann ich mir sowieso fast nie merken :D






 Wir waren heute in einem Café mit Freunden und haben das schöne Wetter genossen. 26°C und Sonnenschein :-)




Zum Abschied noch ein wunderbares Quatsch-Foto.

Ganz liebe Grüße an alle, die jetzt gerade in Deutschland sitzen und das hier lesen! Ich vermiss euch♥

Donnerstag, 2. Oktober 2014

Schule ist zum Schlafen da!

Ich bin hier immer müde. Wirklich. Egal, ob ich sechs oder neun Stunden schlafe. In der Schule ist es ganz schlimm, da würde ich am liebsten, sobald ich ankomme, einfach nur meinen Kopf auf die Tischplatte legen und bis um halb 4 durchschlafen. Vielleicht liegt das aber auch einfach daran, dass ich im Unterricht wirklich gar nichts verstehe. Ich habe ja noch nicht mal Schulbücher, die ich versuchen könnte, zu übersetzen. Alles, was ich machen kann ist Vokabeln oder Grammatik lernen. Und das macht irgendwann auch keinen Spaß mehr.

Aber zum Glück bin ich ja in der Türkei. Und hier darf man im Unterricht schlafen. Kein Lehrer sagt da was zu. Anfangs habe ich immer nur meinen Kopf auf den Tisch gelegt aber seit kurzem schlafe ich manchmal wirklich ein. Und weil Tischplatten so schrecklich ungemütlich sind, haben wir heute einfach mal Kissen mitgenommen.



Heute in Soziologie haben gerade mal 6 Schüler zugehört, der Rest hat geschlafen. Unser Lehrer hat trotzdem einfach weiter geredet. Ich bin so froh, dass dieses Schuljahr für mich nicht zählt, sonst hätte ich wirklich ein Problem :D

Ich bin übrigens in einer Language-Class. Das heißt, ich habe weder Mathe, noch Naturwissenschaften, dafür aber Englisch, Geschichte, Geografie, Philosophie, Soziologie, Türkisch, Religion, Türkische und Englische Literatur, Deutsch, Sport und Kunst. Dieser Stundenplan ist wie gemacht für mich! Ich freue mich schon darauf, wenn ich dann endlich auch mal was im Unterricht verstehe :D

Gestern im Deutschunterricht mussten mich alle der Reihe nach fragen, wie es mir geht. Seitdem höre ich ziemlich oft die Frage "Wie geht es dir?". Bisher wurde ich immer nur auf Türkisch gefragt und wenn ich dann mit "Sağ ol, iyiyim, sen?" (Danke, mir geht es gut und dir?) antworte, freuen sich immer alle ganz doll :-)

Immer mal wieder kommen Schüler in unseren Klassenraum und fragen meine Freunde, ob sie sich mit mir unterhalten dürfen :D Auf dem Schulhof werde ich auch oft angesprochen und ich habe das Gefühl, dass mich ziemlich viele einfach anstarren. Aber jetzt habe ich endlich meine Schuluniform, das heißt, ich falle nicht mehr so krass auf.



Was auch neu für mich ist: Jeden Morgen stellen sich die Schüler vor der Schule auf und der Direktor hält eine kurze Ansprache. Auf Befehl stellen wir erst die Beine leicht auseinander und nehmen die Hände hinter den Rücken, dann  werden die Füße wieder nebeneinander gestellt und die Arme an die Seiten angelegt (Hört sich vielleicht merkwürdig an, aber besser kann ich es nicht beschreiben). Montagmorgens und Freitagnachmittags singen wir dann auch noch die Nationalhymne.

In meiner Klasse fühle ich mich so wohl, alle sind so lieb zu mir :-) Heute sind meine zwei Freundinnen, mit denen ich sonst immer die Pausen verbringe, erst später gekommen und da haben sich gleich vier andere Mädchen zu mir gesetzt und versucht, sich mit mir zu unterhalten.

Hier noch ein paar Fotos:


Was macht man, wenn man bei 30°C Sportunterricht hat? Genau, eine Wasserschlacht!


Das neben mir ist Özge und Ezgi ist die, die das Foto macht :-) Ich hab die beiden jetzt schon so lieb und wir machen schon Pläne, wer wann wen besucht :D



Neulich haben wir ein kleines Picknick gemacht. Einfach so. Find ich gut, das sollten wir in Deutschland auch einführen. Genau wie das Schlafen im Unterricht.



Hier benutzt man übrigens Retrica. Als ich anfangs Fotos mit meiner normalen Kamera machen wollte, haben die mich schräg angeguckt. "Why not Retrica?"




Und so sieht meine Schule aus.

Das wars erstmal von mir. Ich melde mich aber bald wieder, denn dieses Wochenende ist Bayram (Opferfest) und danach habe ich bestimmt viel zu erzählen :-)

Ich drück euch alle ganz dolle♥